9.12.13

From's Gambit in Babenhausen

Bei der Vorbereitung auf das gestrige Spiel habe ich allen Mitspielern mitgegeben: wer gegen Babenhausen Schwarz hat, sollte sich überlegen, was er gegen 1. f4 spielt. Im Spiel am Sonntag hat Babenhausen zwei von vier Weiß-Partien mit 1. f4 eröffnet. Allerdings war Jutta Ries an Brett 2 ohne Gegner, sodass dies unbeantwortet blieb. Derjenige, der es noch auf's Brett bekam, war ich selbst gegen Thomas Mohr. 
Was spielt man gegen jemanden, der regelmäßig mit 1.f4 eröffnet, während es für einen selbst das einzige Mal in vielen Jahren ist? Keine halben Sachen, sondern From's Gambit 1.f4 e5 !?
Das Experiment ging gut. Mein Gegner verbrauchte 1,5 h Bedenkzeit für 20 Züge und bot mir mit dem 20. Zug Remis an. (Es ist immer gut, wenn der Spieler mit der höheren DWZ einem Remis anbietet.) Wer sich dafür interessiert und mit mir durch die Hauptvariante dieses Gambit's klicken möchte, sollte nach dem Break weiterlesen.

1. f4 e5 !? 2. fxe5
Stellung nach 4. ... g5
Weiß muss das Gambit nicht annehmen. Ein beachtenswerter Übergang ist 2. e4 zum Königsgambit. Aber die 1. f4 Liebhaber spielen ja nicht 1. f4, um in ein Königsgambit zu bekommen. Die wollen in der Bird-Eröffnung bleiben. 

2. ... d6 3. exd6 Lxd6 4. Sf3
Das ist die Ausgangsstellung des From Gambits. Und jetzt natürlich nicht irgendeinen normalen Entwicklungszug, sondern voller Angriff mit 4. ... g5, um den Springer zu jagen.
(siehe Diagramm)

5. g3 g4 6. Sh4
Das ist die Hauptvariante für Weiß.

6. ... Se7 !
Schwarz spielt sofort Sg8 - e7 - g6 und greift den Sh4 an. Früher spielte man mit derselben Absicht 6. ... Le7. Das gilt jedoch heute als gut für Weiß. Nach 6. ... Se7 hat Weiß einen Zug Zeit und spielt
Stellung nach 8. ... hxg6

7. d4
Wir werden gleich noch sehen, warum.

7. ... Sg6 8. Sxg6 hxg6  (siehe Diagramm)
Weiß kann auch 8. Sg2 spielen. Dann folgt 8. ... h5 mit Bauernsturm am Königsflügel. 8. Sxg6 hxg6 ist die Hauptfortsetzung.
Schwarz droht nun mit 9. ... Txh2 ! 10. Txh2 Lxg3+, oder mit 9. ... Lxg3+. Deswegen spielt Weiß

9. Dd3 !
Das ist der Grund, warum 7. d4 als beste Möglichkeit für Weiß gilt.   

9. ... Sc6
Droht Sxd4, denn wenn die Dame mit Dxd4 die dritte Reihe verlässt, geht wieder Lxg3+.

10. c3 Lf5
Weiß hat nur zwei Züge zur Wahl: e4 und De3+. e4 ist üblicher und eingängiger. Schwarz muss den Läufer Lf5 (noch) nicht zurückziehen. Die Antwort De7 fesselt und bedroht den Bauern e4. Weiß deckt ihn mit Lg2.
Stellung nach 13. ... Ld7

11. e4 De7 12. Lg2 0-0-0
Der schwarze König steht vorerst sicherer als der weiße.

13. Le3 Ld7   (siehe Diagramm)
13. Le3 hebt die Fesselung des Bauern e4 auf, wodurch der Lf5 hängt. Daher der Rückzug Ld7. Danach droht Schwarz wieder Txh2.
Wir sind in einer kritischen Stellung der ganzen Variante. Weiß kann mit 14. e5 den Einschlag auf g3 unterbinden und eine Figur gewinnen! Mit dem König in der Mitte gegenüber der De7 und dem Td8 ist das aber hoch gefährlich. Praktisch alle Partien nach 14. e5 ?! Lxe5 15. dxe5 Sxe5 hat Schwarz gewonnen!
Was soll Weiß spielen? Kurze Rochade geht wegen der offenen h-Linie schlecht. Sbd2 und lange Rochade würde Weiß gern spielen, doch Txh2 droht. Also ließ Thomas Mohr den König in der Mitte und spielte

14. Ke2.
Nach 14. Ke2 geht Txh2 nicht mehr, weil Lxg3 kein Schach mehr ist. Ich wollte meinen Ld6 nicht auf Dauer zum freien Angriff stehen lassen und antwortete mit f6.

14. ... f6 15. Sbd2 Th5
Bereitet Turmverdopplung auf der h-Linie vor. 

16. a4 !
Stellung nach 17. Sf1
Weiß will Ideen von Lb5 vorbeugen und leitet gleichzeitig einen Angriff gegen die schwarze Rochadestellung ein.

16. ... Tdh8
Jetzt muss Weiß was für h2 tun und spielt

17. Sf1 ?!
Eine Alternative ist Lg1. Beides sperrt den Th1 ein und fesselt eine Leichtfigur an die Deckung von h2. Ein Läufer hätte von g1 aber noch Wirkung auf den Damenflügel, während der Sf1 reine Deckungsaufgaben verrichtet.

In der Stellung nach 17. Sf1 sind die Figuren am Königsflügel eigentlich aus dem Spiel und durch Drohung und Deckung paralysiert. Das Spiel findet mit dem Rest der Figuren am Damenflügel statt. Trotz des weißen Königs in der Mitte habe ich keine aktive Fortsetzung gefunden und wartete ab. Es folgte
Stellung nach 20. c4

17. ... Kb8 18. b4 a5 19. b5 Sd8 20. c4 (=) Remis
Mit dem 20. Zug bot Weiß etwas überraschend Remis an. Ich hielte die weiße Stellung für angenehmer zu spielen, denn seit dem 16. Zug war mir zum Angriff nichts mehr eingefallen. Er könnte seine Bauerwalze fortsetzen. Thomas Mohr hatte nur noch 30 Minuten für die weiteren 20 Züge zur Zeitkontrolle. Er verbrauchte wegen der vielen taktischen Möglichkeiten viel Zeit und bot deswegen in unklarer Stellung Remis an, was ich annahm.
Knut Goebel